Steht das Burgdorfer Volks- und Schützenfest vor dem Aus? 

Ein Bild des Budenrunds aus besseren Jahren: Das Burgdorfer Volks- und Schützenfest 2016. In diesem Jahr wird es nur eine Reihe von Buden und Fahrgeschäften geben.
Foto: Bastian Kroll

Ist 2025 das letzte Jahr, in dem in Burgdorf ein Volks- und Schützenfest gefeiert wird? Diese Frage, so drängend wie nie, stand wie der berühmte „Elefant im Raum, als sich am gestrigen Montagabend, 5. Mai 2025, rund 80 Mitglieder der Burgdorfer Schützengesellschaft zur traditionellen Mai-Versammlung im Schützenheim trafen. Der Vorsitzende Jörg Hoppe sprach offen aus, was viele im Saal befürchtet hatten: Die Organisation des diesjährigen Festes sei nur „in letzter Sekunde“ gelungen. Dass Schausteller absagen oder gar keine mehr zu finden sind, sei längst keine Ausnahme mehr, sondern ein Zeichen der Zeit. Es lohne sich schlichtweg nicht mehr, als Schausteller nach Burgdorf zu kommen.

„Das Volk scheint nicht mehr bereit, aufs Zelt und vor allen Dingen auf den Festplatz zu kommen“, sagte Hoppe mit Blick auf die rückläufige Besucherresonanz. Dass in diesem Jahr überhaupt gefeiert werden kann, sei am Ende eine Notlösung. Er dankte in diesem Zusammenhang für die Unterstützung der Stadt und den Einsatz des Bauhofs. „Ohne deren Hilfe könnten wir das Fest nicht mehr stemmen“, so Hoppe, denn eine fünfstellige Summe müsste aufgebracht werden.

Sicherheitsauflagen, Frust und Rücktrittsgedanken

Auch das Thema Sicherheit belastet die Planungen: Noch sind die Auflagen der Region Hannover nicht bekannt. Erst am 10. Juni soll es ein Gespräch mit der Stadt geben. „Dann ist es für Korrekturen eventuell zu spät“. Hoppe verwies auf ein Beispiel aus Sehnde, wo jüngst ein Fest wenige Tage vor Beginn abgesagt werden musste, weil die geforderten Auflagen nicht mehr rechtzeitig umzusetzen waren.

Zudem ringt der Verein weiter um einen arbeitsfähigen Vorstand. Bereits zur Herbstversammlung hatte Jörg Hoppe die Mitglieder aufgerufen, sich aktiv einzubringen. Hoppe dazu: „Gemeldet hat sich niemand“. Er fand daher erneut klare Worte: „Ohne geschäftsführenden Vorstand ist hier Ende.“ Er deutete zudem an, sein Amt möglicherweise bereits im November dieses Jahres abzugeben – ein Jahr vor dem regulären Ende seiner Amtszeit, nachdem er im Herbst vergangenen Jahres erneut für zwei Jahre gewählt wurde. „Ich lasse mich nicht ständig kritisieren. Und wenn es um Gesundheit und Familie geht, ist der Spaß vorbei“, so Hoppe deutlich. Es sei nicht hinnehmbar, dass ihn Mitglieder ohne Hintergrundwissen kritisieren würden, machte er seinem Unmut Luft.

„Wir sind blank“ – Beitragserhöhung beschlossen

Auch finanziell steht die Burgdorfer Schützengesellschaft nicht gut da. „Wir sind nicht auf Rosen gebettet“, so der 1. Schatzmeister Cord-Christian Hansen. Er wurde noch deutlicher: „Wir sind blank.“ Die Rücklagen seien aufgebraucht, eine Beitragserhöhung unumgänglich. Trotz intensiver Bemühungen, die Kosten ohne Anpassung zu bewältigen, müsse man nun handeln.

„Uns laufen die Kosten weg“, so Hansen mit Blick auf die allgemeine Preisentwicklung. Die letzte Beitragserhöhung stammt aus dem Jahr 2011, seitdem seien die allgemeinen Preise um 40 Prozent gestiegen. Die Versammlung folgte dem Vorschlag: Mit fünf Gegenstimmen und sieben Enthaltungen wurde eine Beitragserhöhung um 50 Prozent beschlossen, um zukünftig wieder in den Schießsport und das Schützenheim investieren zu können und handlungsfähig zu bleiben.

Eine Feststruktur am Abgrund

Den emotionalsten Moment der Sitzung lieferte der Bericht aus dem Festausschuss. Andreas Harre sparte nicht mit Klartext: „Der Festplatz in diesem Jahr ist eine Katastrophe.“ Kein Autoscooter, keine Fischbude – „wir können froh sein, dass wir überhaupt eine Reihe zusammenbekommen haben“. Die Liste der Absagen sei lang, die wirtschaftliche Lage der Schausteller angespannt, die mittlerweile die Anreise nicht mehr auf sich nehmen, wenn der Umsatz nicht reiche, die Kosten zu decken. Moniert wurde auch, dass es keine Livemusik mehr gebe, um das Publikum ins Zelt zu locken: „Die angefragten Bands haben innerhalb von drei Monaten ihre Preise dermaßen erhöht, dass wir uns das einfach nicht leisten können“, erklärte der 2. Vorsitzende Georg Rieger. Bei der Vorabfrage im Januar seien die Bands noch bezahlbar gewesen, doch zu diesem Zeitpunkt war keineswegs klar, ob es ein Volks- und Schützenfest geben werde und so wurden aus diesem Grund keine Verträge abgeschlossen. Als es dann zur Buchung kommen sollte, waren die avisierten Gagen exorbitant gestiegen. „Locker 2500 bis 3000 Euro mehr“, so Rieger deutlich. Stattdessen soll nun ein DJ mit größerer Technik und mehr Gespür für das Publikum die Stimmung retten. 

Ein noch größeres Problem sei der Besucherschwund. „Der Freitag ist ein schlechter Tag“, hatte der Festwirt moniert. Er habe schon darüber nachgedacht, das Zelt zu verkleinern, so Harre. Zwar sei das in letzter Minute abgewendet worden, doch das Fazit ist deutlich: Hinter der Zukunft des Volks- und Schützenfestes steht ein riesengroßes Fragezeichen.

Veränderungen unausweichlich – trotz Widerstands

Einige Neuerungen stoßen auf Kritik: So soll aus Kostengründen das traditionelle „Wegbringen der Könige“ am Freitag entfallen. Auch, damit mehr auf dem Festplatz gefeiert wird und nicht im Schützenheim. Die Mitglieder befürchten, dass die Tradition auf der Strecke bleibt. Und sehen sich von der Vereinsspitze nicht mitgenommen. Mit mehr Kommunikation hätte man eventuell ein besseres Ergebnis bekommen können, gab der 2. Vorsitzende der Junggesellencorporation, Florian Baumöller, zu bedenken.

Was aber alle wissen: „Wenn der Platz nicht voll ist, kommt keiner mehr“. Zu befürchten ist hier eine Abwärtsspirale, die am Ende nicht nur das Abschaffen einer einzelnen Tradition, sondern zum Ende des Volks- und Schützenfestes in seiner heutigen Form führen könnte.

„Es ist ein gesamtgesellschaftliches Problem“, sagte Christian July, Vorsitzender des Club Germania. Das Publikum werde älter, der Verein hat Nachwuchssorgen. Damit stehe Burgdorf aber nicht alleine da: In Hannover seien es zwei Handvoll von Jungschützen, „die nicht von den Eltern zum Besuch des Schützenfestes gezwungen wurden“, verglich er. „Wir müssen die Kuh vom Eis bekommen – aber heute lösen wir dieses Problem hier nicht mehr“, so sein nüchternes Fazit.

Weitere Änderungen

Was die Veränderungen der Traditionen angeht: Die Kinder- und Königsprogramme stehen vor Veränderungen. Der Kindernachmittag soll vom Donnerstag auf den Freitag verlegt werden und am Freitag geht es für die Schützen eine Stunde später los. Das Wegbringen des Kinder- und Jungschützenkönigs bleibe erhalten – noch.

Zumindest bei den Bier- und Eintrittspreisen gibt es Stabilität: Sie bleiben wie im Vorjahr. Das 0,3 Bier kostet 4 Euro, die Lütje Lage 1,50 Euro und der Eintritt am Freitag und Sonnabend beträgt weiterhin fünf Euro.

Ob das Burgdorfer Volks- und Schützenfest in Zukunft jährlich, im Zwei-Jahres-Rhythmus oder überhaupt noch gefeiert werden kann, bleibt offen. Andreas Harre brachte es auf den Punkt: „Wenn wir eine Lösung hätten, würden wir sie sofort umsetzen.“ Auch könne mit anderen Burgdorfer Schützenvereinen gemeinsam gefeiert werden. Bisher stehen allerdings hinter der Traditionsveranstaltung mehr Fragen als Antworten.

Neue Pächterin des Schützenheims

Und etwas Freudiges gab es aber dann doch noch: Mehrere Mitglieder konnten für langjährige Mitgliedschaft durch den Verein ausgezeichnet werden. Zudem bekommt das Schützenheim einen neuen Pächter. Nachdem Kerstin Schneider den Pachtvertrag aufgekündigt hatte, konnte mit Karina Bähre eine Nachfolgerin gefunden werden. Sie ist den Schützen und Schützenheim-Besuchern keine Unbekannte: Sie arbeitet bereits seit 15 Jahren im Team von Kerstin Schneider. Karina Bähre wird am 1. November 2025 offiziell die Leitung übernehmen. „Du und dein Team werdet euren Weg schon machen“, blickt Jörg Hoppe zuversichtlich in die Zukunft.

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